av Christian Weise
476,-
Nun wird zwar jemand einwenden, der gedachten Scribenten Uberfluß wäre gleichwol der Welt etwas nützer gewesen, als wenn etliche abgeschmackte Lieder, nicht anders als auß einer klingenden Schelle außgelassen würden. Doch der Unterscheid bestehet hierinnen, daß jene des Männlichen Alters, diese aber der grünen Jugendt überflüssige Gedancken sind: Und wie eine jegliche Zeit ihre eigene Ergötzlichkeit hat, wie man auch nicht eher thut als ein Mann; als wenn der Bart dem Gesichte eine saure Mine abfordert; also würde sich die Jugend über dem Zeitvertreib schlecht zu erfreuen haben, welche sich von ihrer Inclination allzuweit absondern wolte.Und wer kan leugnen, daß dergleichen Ubungen so gar ohne Nutzen verrichtet werden? Ist es nothwendig, daß ein junger Mensch in Poetischen und Oratorischen Sachen auffgemuntert, und zur recommendation der andern Gelehrsamkeit an lustige und angenehme Inventiones gewiesen wird; so wil ich hoffen, es solte nicht allein das junge Volck hierinn zu loben seyn, sondern ein sorgfältiger Informator solte auch dahin trachten, wie er seinen Untergebenen dergleichen überflüssige Gedancken einflössen möchte, darüber sie andere überflüssige Wercke, als Spielen, Sauffen, müssig gehen, vergessen könten.Ich halte auch nicht, daß jemahls ein Mann durch liebliche Worte berühmt worden, der in seiner Jugend allen Uberfluß in solchem Stücke verachtet hat. Inmassen die blossen Schul-Materien nicht genug sind ein stattliches Ingenium zu excitiren, wenn es nit auß eigenem Antrieb seinen Fleiß etwas höher führen soll. Legen doch die Hühner viel lieber in das Nest, das sie selbst erwehlet haben, als welches von einer ungedultigen Käse-Mutter ist angeleget worden.