Om Der Stern des Glucks
Aus dem Buch: "Jean Baptiste Sternberg, der hochbewährte Kammerdiener, räumte in seiner sorgsamen Weise den Schreibtisch Seiner Exzellenz, des ehemaligen Finanzministers auf, wie vor dreißig Jahren, als dieser sich noch im Wirbelsturm der Geschäfte ganz und gar auf seinen getreuen Sternberg verlassen und den Diplomatentisch voll hochgestapelter Papiere, Mappen und Broschüren dem Ordnungssinn seines Kammerdieners überlassen konnte. Jetzt lagen weder Akten noch Broschüren, noch eilig aufgerissene Briefumschläge auf dem grünen Tuch; die Tinte war längst zu Staub zusammengetrocknet, die Feder verrostet, und die Pendule, von zwei edelsteingeschmückten Mohren getragen, tickte so schläfrig und müde, wie das Herz in der Brust ihres alten, verabschiedeten Herrn. Die Zeit war abgelaufen für ihn und für sie, - aber Jean Baptiste wollte es nicht Wort haben, er räumte den Schreibtisch auf, - einen Tag wie den andern - obwohl keine, gar keine Unordnung darauf zu sehen war, obwohl kein Federzug mehr aus dem Tintenfaß geschrieben, kein einziger geheimer Brief mehr in die braunlederne Mappe geschoben ward. Exzellenz hatte sich schon lange, lange von Welt und Leben zurückgezogen, hierher in sein stilles, einsames Schloß, das ehemals nur die erquickende kleine Ruheinsel in dem stürmischen Lebensmeer des Ministers gewesen." Nataly von Eschstruth (1860-1939) war eine deutsche Schriftstellerin und eine der beliebtesten Erzählerinnen der wilhelminischen Epoche.
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