Om Kokain
Nacht hing groß in den Bäumen der Allee und tropfte auf seine Schultern nieder, da Tobias unter den flüsternden Ästen dahinschritt. Er ging und ging, die Allee hinauf und hinab, fast schon zwei Stunden lang. Die Normaluhr (ehernes Gespenst an der Straßenkreuzung) zeigte schon halb elf. Im Sterben dieses Sommerabends, der in unzähligen allerzartesten Tinten hinter dem Riesenrumpf der ewigen grauen Gedächtniskirche zerfloß, war Tobias aufgebrochen ¿ ergriffen von jener düsteren Unruhe, die immer wiederkam und ihn desto mehr quälte, je mehr er ihr zu entfliehen oder sie zu betäuben suchte im Trubel des klirrenden Cafés, jener armseligen Stube mit den roten Plüschsesseln und den grinsenden Fratzen kaltblütiger Gäste, die dort ein unwirkliches Leben führten ¿ ein Dasein von bunten Abziehbildchen, wie sie uns als Kindern geschenkt werden. Wie oft, so auch diesmal war er dort hingeflohen vor dem Zergehen der sommerlichen Sonne, das weich über den nahen Himmel rann und seine Unruhe zum Irrsinn zu steigern drohte. Und doch siegte immer diese Unruhe, die, wenn sie kam, ihm alle Räume verhaßt machte ¿ sein chambre garnie so gut wie das Café oder den großen Raum der Straßen und Plätze. Aufgescheucht war er gegangen, als der Abend schon (dunkler Strom) blau über die Häupter der Passanten ausgegossen war. Jetzt war die Nacht da. Flimmernd strahlte der Asphalt auf, wenn ein Automobil surrend an Tobias vorbeistob. Aus den Café-Vorgärten schwemmte eine süße Musik über ihn hin. Gesprächsfetzen wehten, ungehört von ihm, vorüber. Es war ein stetes Wandeln bunter, vornehmer Damen, diskreter Herren da, ein unaufhörlicher Verkehr lachender Equipagen und Autos, der melancholisch- heitere Abendgesang der großen düsteren Stadt, die auf ihre Art zu leben verstand.
Visa mer